avant / garde / under / net / conditions (vormals: perspektive | issue 43 | 2002 )

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interview

[/] interview (deutsch)
[/] interview (english)



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> mark amerika - [USA]
> david golumbia - [USA]
> gene youngblood - [USA]
| - - -< mark amerika >- - - |


/->/ "who is the ghost in the literary machine [...] who writes the action scripts" (FILMTEXT) // mark amerika :-)


>> break out of the cage of fine culture
>> / interview /
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> [question-1//perspektive]
die aufgabe aktueller avantgarde ist nach kluitenberg, die oberfläche hegemonialer strukturen zu zerstören: die "netten", dominanten oberflächen zu unterbrechen und zu dekonstruieren. von anfang an waren ihre arbeiten/arbeitshypothesen und -praktiken auf ein "explodieren" der standards gerichtet, gegen die grossen medienkonzerne. arbeiten sie immer noch an dieser explosion der bedeutung, die den leser und den autor/künstler trennt?

>> [question-1//response]=[mark amerika:]
wie kann man immer noch mit dieser annahme arbeiten? die mainstream institutionen, die das kulturelle geschäft machen, sind nur mit dabei, wenn es um geld geht. wenn deine arbeit kein kommerzielles potential hat, dann war's das. es gibt keine nachfrage, dich zu lesen, weil du schlicht nicht verkauft wirst.



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> [question-2//perspektive]
heute wird der leser/surfer nicht mehr durch die seiten-metaphorik der alten gutenberg zeit festgehalten. freilich kann er immer noch von informationsstrukturen festgehalten werden, auch wenn kein seitenrand mehr da ist. wie kann der leser/surfer trotzdem überleben? :-)

>> [question-2//response]=[mark amerika:]
indem er eine alternative Life / Style / Praxis entwickelt, die sein nomadisches narrativ in bewegung bringt. sicherlich wurde das web kommerzialisiert und es unterliegt dem starken konformitätsdruck des spätkapitalismus, aber was ist passiert: es hat nicht geklappt. es ist "dot.bombed". mittlerweile lebt das netz wieder als ein beispiel für das überleben der "geschenkökonomie", es operiert als peer-to-peer netzwerk kultureller produzenten, die ihre eigenen nischen-gemeinschaften mit entsprechendem feedback und unterstützung bilden. der hauptsächliche unterschied ist, dass wir bessere techniken für unsere arbeit haben, techniken, die man bestens für das entwöhnen vom konventionellen "look" des "Digitalen Heute" verwenden kann.



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> [question-3//perspektive]
avantgarde - wieder mit kluitenberg - produziert durch die unterbrechung einen raum der negation: eine art faradayschen käfig/cache als schutz und zum experimentieren mit bereits existenten codes. hakim bey würde hierbei von einer TAZ operation sprechen und die sprach-"deformation" wäre durchaus im kontext seiner "chaos linguistik" zu sehen. a-p-künstler (avant-pop künstler) sind ein guttrainiertes team popkultureller terroristen (s.a. avant pop manifest 1993), die die randbereiche mit dem zentrum verbinden. hat ihr a-p-künstlerkonzept einen ähnlichen faradayschen raum - eine testumgebung - oder gibt es keine lücken oder grenzen mehr zwischen pop und avantgarde: ist es sinnlos, sich zu verbergen?

>> [question-3//response]=[mark amerika:]
das konzept der avantgardepraxis als negativer raum und das operieren von einem "käfig" aus sind sehr alt - sehr modernistisch. ich bin weit davon entfernt mittlerweile. ich bevorzuge es, "positive" alternativen zu den mainstream visionen, die von den kommerziellen "bewusstseins-kapitänen" aufdringlich beworben werden, zu entwerfen. um das zu realisieren, muss ich aus dem käfig der literatur, der kunst, der "hohen kultur" ausbrechen. die testumgebung ist das netz selbst, das - seien wir realistisch - eine öffentliche einrichtung ist - das genaue gegenteil eines käfigs. manchmal kann sich jemand durchaus eingeschlossen in seinem leben, fühlen und das ist dann der punkt aufzubrechen, sich "in bewegung zu setzen" oder ein nomadischer, narrativer flow innerhalb einer verteilten netzwerkkultur zu werden.



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> [question-4//perspektive]
für youngblood ist das letzte subversive refugium, abwesend zu sein. ich glaube, ein avant pop künstler ist immer präsent: sowohl in der populären kultur als auch in den avantgarde wurzeln. um diese grenzerfahrung auszuhalten, baut und nutzt der a-p-künstler nischen-gemeinschaften und verteilt dort seinen code / virus, seine piratensignale (im sinne von hakim bey). kann diese zwischenposition überhaupt funktionieren? welche rolle spielt sprache/code darin?

>> [question-4//response]=[mark amerika:]
sprache oder code ist ein artikulationsnetzwerk - signal und geräusch - und aus dieser mischung entsteht mitunter eine art mustererkennung ("patternrecognition"). ein a-p künstler subvertiert konventionelle muster - wie die muster von cnn, traditioneller prosa, langweiliger galleriekunst usw. - und zeigt damit alternative wege zu denken, zu sehen, sich in bewegung zu setzen auf. wenn man erst diese repetitiven muster, die ständig unser bewusstsein mit den inhalten der corporates überlagern, durchbrochen hat, kann man damit beginnen, alternative realitäten zu gestalten, die jemanden in einen anderen modus operandi oder eine andere Life / Style / Praxis bringen kann - ein nomadisches narrativ ist das ergebnis davon.



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> [question-5//perspektive]
bilwets datendandy spazierte noch vor einigen jahren entlang der hypermedialen highways als ein nachfahre von walter benjamins flaneur der passagen. heute ist der datendandy mehr allein als je zuvor in der "real existierenden einsamkeit" (bilwet) des netzes. der a-p künstler scheint einer dieser flottierenden nomaden zu sein mit der botschaft: "i link therefore i am" (mark amerika). ist der a-p künstler eher ein pirat, der informationen zerstört, oder ein flaneur, der mit informationen surft und sampelt?

>> [question-5//response]=[mark amerika:]
sprache oder a-p künstler ist eher ein metamedium, das nützliches digitales datenmaterial sammelt und manipuliert, um es für das weitere (er)finden seiner story, seines Life / Style / Praxis, seinem nomadischen narrativ zu verwenden. sicherlich ist es richtig, dass das "digitale selbst" - auch wenn es sich im prozess befindet, "etwas anderes zu werden", einsam sein kann. das ist meistens ein problem der "ich"-generation - der "ich"-generationen. der a-p künstler ist viel mehr an der entwicklung des "nicht-ich" interessiert und somit sieht er die einsamkeit als herausforderung, wie ein "proactive cinescripture" - der körper in bewegung, der das bewusstsein in realzeit gefangen nimmt.



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> [question-6//perspektive]
ihr konzept des künstlers als "cyborg narrator" ist gene youngbloods konzept eines "metadesigners" nicht unähnlich. auch wenn ein metadesigner mehr netzwerk als inhalte erstellt, scheint der "cyborg-narrator" irgendwo zwischen kunst und netzwerk zu hantieren und auch beides zu beherrschen. kann der "cyborg-narrator" als eine metapher für den heutigen künstler gelten oder ist das aufsplitten von "arbeitern", "künstlern", "flashern", "programmierern" eine bessere arbeitsumgebung?

>> [question-6//response]=[mark amerika:]
ja - der cyborg-narrator ist eine art von "netzwerk-dirigent", der eine verteiler-gemeinschaft (kunst, performance, spiel) orchestriert und im prozess des dirigierens "energie routinen" (burroughs) für eine bestimmte Life / Style / Praxis komponiert. sobald eine gruppe von cyborg-narrators zusammen an einem praxisorientierten forschungsprogramm arbeiten, kann alles passieren und oftmals passiert dann auch was.



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> [question-7//perspektive]
auch wenn mark amerika als netzwerk arbeitet und den fall des geniekonzeptes propagiert, ist der doch mittlerweile ein markenzeichen in der netzkunst. wie kann er verhindern, kanonisiert zu werden? :-)

>> [question-7//response]=[mark amerika:]
aber wer ist er? wer ist mark amerika? ein effekt einer verteiler-signatur, der ein aktionistisches netzwerk generiert? ein poetischer unternehmer, der die finger nach den jahreszeiten der hölle streckt, ganz fasziniert von der lebhaften realität militanter ökonomen? eine rekonfigurierte "autorenfunktion", die sich in die behaglichkeit der kultur hackt? ein künstler-forscher mit im spiel? ein passionierter liebhaber "all things amateur"? alles zusammen? nichts von allem?

[-- übersetzung aus dem englischen --]



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